Der Spitzberg: Landnutzung, Landschaftsveränderung und Artenvielfalt
Bericht vom Vortrags- und Gesprächsabend am 21. März 2022 mit Prof. Dr. Thomas Gottschalk von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg
Dreimal schon war dieser Vortrag coronabedingt verschoben worden, im vierten Anlauf hat es jetzt endlich geklappt. An die 40 Zuhörerinnen und Zuhörer – darunter auch Gäste aus Wurmlingen und Kilchberg – zeigten ihr großes Interesse am Thema Spitzberg.
Zu Beginn skizzierte Ortschaftsrätin Barbara Göger die Motivation der Grüne Liste Hirschau, sich für Naturschutz und Artenvielfalt insbesondere am Spitzberg einzusetzen, und erwähnte einige der Aktivitäten. So setzte sich die Grüne Liste dafür ein, dass kein neuer Grillplatz im Bereich Holzacker am Rand des Naturschutzgebiets entsteht, sondern dass der bestehende Grillplatz am Waldrand renoviert wurde. Ebenso setzte man sich für die Errichtung von Abschrankungen ein, wodurch das Betretungsverbot im Naturschutzgebiet verdeutlicht wird. Die Hohlwegpflege an der Ammersteige im Februar war ein großer Erfolg und soll im Herbst fortgesetzt werden. Und vielleicht macht auch das Müllpendel bald mal Station auf Hirschauer Gemarkung am Spitzberg.
Professor Gottschalk, Leiter eines Forschungsprojekts zum Spitzberg und Herausgeber des aktuellen Spitzberg-Buchs, zeigte im Vergleich zwischen historischen und aktuellen Ansichten, wie stark sich das Landschaftsbild in den letzten 100 Jahren verändert hat. So nahm der Weinbau ab, während Obstwiesen zunahmen und sich Wald und Gehölze ausbreiten konnten. In manchen Bereichen (v.a. Vögel und Insekten) muss leider auch ein Artenrückgang verzeichnet werden – aber immerhin gibt es noch 25,8 % der Artenvielfalt Baden-Württembergs auf nur 0,017 % der Landesfläche. Damit ist der Spitzberg ein Hotspot der Biodiversität, der erhalten und besonders geschützt werden muss.
In vielen Bildern über Landschaft, Flora und Fauna brachte Prof. Gottschalk dem Publikum auch die – teilweise etwas verborgene – Schönheit und Vielfalt des Spitzbergs sehr nahe. Danach adressierte er einige aktuelle und zukünftige Herausforderungen für den Naturschutz am Spitzberg:
- die Reduzierung gehölzbestandener Flächen, die früher Offenlandflächen waren
- den Erhalt der alten Streuobstwiesen einschließlich einer Pflege- und Nachpflanzungsstrategie
- die Restaurierung maroder Trockenmauern in einem größeren Umfang als heute
- die Schaffung von Lichtwäldern durch Auflichtung von Waldwegen und Mittelwaldnutzung
- den Biotopverbund zwischen NSG Hirschauer Berg und NSG Spitzberg / Ödenburg
Von der 1966 am Spitzberg geplanten NSG-Fläche von 205,3 ha konnten bislang 22,2 ha im NSG Hirschauer Berg (1980) und 9,9 ha im NSG Spitzberg / Ödenburg (1990) umgesetzt werden. Dazu kommen 22,1 ha Schonwald und 33,9 ha Bannwald (2008), was zusammen 85,1 ha ausmacht. Ein neues NSG Spitzberg als Verbindungsstück sollte 10,4 ha umfassen. Dieser Biotopverbund würde bessere Chancen für seltene oder bedrohte Tier- und Pflanzenarten am Spitzberg schaffen – mit dann 95,5 ha in der Summe wäre das immer noch weniger als die Hälfte der ursprünglichen Planung.
Diskussionsergebnisse – was tun für den Spitzberg?
Im anschließenden Gespräch wurde darauf verwiesen, dass in den letzten Jahren erfreulicherweise wieder mehr für das Offenhalten der Landschaft getan wird – durch Privatleute, den VebTiL oder die Pflegetrupps. Ein Biotopverbund zum Pfaffenberg als „kleinem Bruder des Spitzbergs“ sei allerdings noch nicht gelungen. Diskutiert wurden auch die Ursachen des festgestellten Artenrückgangs (z.B. Klimawandel, Pflegerückstand, Düngung aus der Luft, Pestizide), erforderliche Maßnahmen zur Stärkung der biologischen Vielfalt am Spitzberg und ganz praktische Beiträge Hirschaus zum Erhalt der Artenvielfalt. So wurde etwa danach gefragt, wie man Grundstücksbesitzer bei – zum Beispiel altersbedingt – nachlassender Pflege unterstützen könne. Vorgeschlagen wurde eine Art Pflegebörse, in der Bedarf und Hilfsangebote vermittelt werden könnten. Auch über die Chancen eines Ziegenprojekts zur Landschaftspflege am Spitzberg wurde diskutiert. Angemerkt wurde noch, dass Artenvielfalt und Biodiversität nicht nur am Spitzberg, sondern auch in der Feldflur und innerorts verbessert werden könnten.
Zum Abschluss gab es dann Hinweise auf kommende Veranstaltungen – eine Vogelführung der Grünen Liste am 3. April und eine naturkundliche Wanderung des Schwäbischen Heimatbunds mit Prof. Gottschalk am 8. Mai. Und die Grüne Liste hat sich vorgenommen, mal einen Trockenmauer-Workshop zu organisieren.
Nach dem Vortrag konnten noch Postkarten mit Spitzbergmotiven von Klaus Neufang und naturkundliche Bücher aus dem Sortiment des LiLA Ladens erworben werden. Die 150 € Spenden für Notleidende in und aus der Ukraine wurden von der Grünen Liste auf 300 € verdoppelt und gingen an die UNO-Flüchtlingshilfe. Wir danken Prof. Gottschalk und allen Gästen fürs Kommen und für die Unterstützung!